Im Juni wird’s bei den Firmenlogos sehr bunt. Diverse Unternehmen tauchen ihre Logos in die Farben des Regenbogens. Der Pride Month ist da und damit auch viel Regenbogen Kapitalismus.
Was heißt das genau? Es gibt unzählige Werbungen, die sich auf den Pride Month beziehen. Zusätzlich werden viele Produkte mit dem Regenbogen versehen. Warum machen Unternehmen das? Weil sie so mehr Geld machen können und weil sie ein Zeichen setzen wollen. Ob das Geld der LGBTQ+ Community oder dem eigenen Gewinn zugute kommt? Ich denke eher letzteres. Ich ertappte mich selbst dabei, solche Produkte zu kaufen – oft freue ich mich auch, Testimonials aus der LGBTQ+ Community zu sehen. Immerhin werden sie in den Kampagnen inkludiert. Es ist natürlich reiner Regenbogen Kapitalismus, denn alle Unternehmen wollen damit Gewinne erzielen. Wenn jetzt gerade Regenbogen und Diversity in ist, dann halt so. Fernsehwerbungen werden ja auch immer theatralischer und austauschbarer. Sie haben so emotionale Überthemen wie Zusammenhalt, Liebe, Vielfalt etc. Wichtige Botschaften, aber austauschbare Unternehmen. Das ist eigentlich das schlimmste für Unternehmen: keiner hat eine Ahnung, für welche Firma hier eigentlich Werbung gemacht werden soll.
Abgesehen von den Produkten geht es natürlich ebenso um die Unternehmenskultur. Natürlich gilt: Diskrimierung am Arbeitsplatz wegen Geschlecht, Herkunft, Alter, Religion oder sexueller Orientierung ist verboten. Steht auch so im Gesetz, doch Dinge passieren. Eigentlich wollte ich nur einen lustigen Artikel über die bunten Logos der Unternehmen im Pride Month machen, doch dann habe ich mit Menschen aus meinem Umfeld geredet und bin draufgekommen: die andere Seite muss auch erzählt werden.Es gibt Angestellte diverser Unternehmen, die nur lachen können, wenn das eigene Unternehmen das Logo wiedermal in Regenbogenfarben eingefärbt. Klar, bei großen oder internationalen Unternehmen kann es von Standort zu Standort unterschiedlich sein, aber wir wissen alle: du bekommst in einem traditionellen Unternehmen oder einem Unternehmen mit hohem “Männeranteil” den Alltagsrassismus oder Homophobie etc. schwer weg. Vor allem wenn Menschen schon einige Gläser auf Betriebsfeiern etc. intus haben. Da könnte man(n) natürlich sagen: aber das betrifft doch nicht den Arbeitsalltag. Ja, aber am nächsten Tag wird wieder gemeinsam zusammengearbeitet. Die Gesinnung mancher Mitarbeiter*innen verschwindet nicht über Nacht. Die homophoben oder sexistischen Aussagen bleiben in den Köpfen der Betroffenen hängen. Ihr denkt jetzt sicher, ich übertreibe und das passiert doch heutzutage gar nicht mehr. Oder? Naja, ich höre leider auch solche Dinge oder habe damit Erfahrungen machen müssen:
- Ein Mitarbeiter wird skeptisch betrachtet, da er mit bunten Fingernägel am Arbeitsplatz erschienen ist. Ebenso hat er sich homophobe Kommentare auf einer Feier anhören müssen. Der betroffene Mitarbeiter ist im Diversity Team engagiert, weil das offensichtlich nötig ist.
- Ein Geschäftsführer stellt unter sich nur schöne, weiblich gelesene Personen an.
- Ein anderer Geschäftsführer macht anzügliche Kommentare gegenüber einer Praktikantin.
- Eine Geschäftsführerin verwehrt Müttern den Aufstieg oder ihre alte Arbeitsstelle nach der Karenz. Weil “in Teilzeit geht das alles nicht.”
- Menschen outen sich nicht am Arbeitsplatz, da sie sich scheinbar unwohl fühlen oder das einfach nicht wollen.
Die oben genannten Beispiele betreffen alle Unternehmen, die “Regenbogen-Flagge zeigen”.
Kein Wunder, dass sich viele queere Menschen am Arbeitsplatz nicht outen. Aber wenn nur der halbe Mensch zur Arbeit kommt, werden die Potenziale auch nie vollständig ausgeschöpft. Für die Wirtschaft kann es auch so ausgedrückt werden: weniger Leistung, wenn Menschen nicht sie selbst sein können/dürfen/wollen.
Zurück zum Regenbogen: ja, es gibt Unternehmen, die Vorreiter in Sachen Gleichberechtigung und Anti-Diskriminierung sind. Was genau machen solche Unternehmen anders? Sie kümmern sich 365 Tage im Jahr darum:
🌈 Sie haben Antidiskriminierungsmaßnahmen und Richtlinien.
🌈 Sie sensibilisieren ihre Mitarbeiter*innen auf diese Themen oder bilden sie weiter.
🌈 Setzen Maßnahmen, um Vorurteile abzubauen.
🌈 Haben eigene Diversity-Angestellte oder Botschafter*innen.
🌈 Haben im Unternehmen queere Netzwerke oder Raum für Austausch (während der Arbeitszeit).
🌈 Regelmäßige Vorträge/Weiterbildungen für alle.
🌈 Spenden Teile der Umsätze an diverse Organisationen.
🌈 Stellen gesellschaftlichen Purpose vor Profit.
Wenn sich Unternehmen regelmäßig für die LGBTQ+ Community einsetzen, Austausch ermöglichen, ihre Mitarbeiter*innen fördern und weiterbilden, dann ja: bitte taucht euer Logo in Regenbogenfarben. Allen anderen sage ich: Lasst es bitte, because it’s just marketing bullshit.
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