Fuck that. Jahrelang habe ich mir einreden lassen, die beste Antwort auf: “Warum willst du Job wechseln?” oder “Wieso haben Sie gekündigt?” ist folgende: “Ich brauchte eine neue Herausforderung, es war Zeit für einen Wechsel.” Auf keinen Fall ein schlechtes Wort über ehemalige oder aktuelle Arbeitgeber*innen.

Das Problem ist: mit einstudierten Antworten findet man nicht das, wonach man sucht. Es ist DIE Gelegenheit zu erzählen, was gepasst hat und was nicht. So bekommt das Gegenüber eine Ahnung, was dir wichtig ist und worauf du getrost verzichten kannst.

Wieso also nicht ausführen, warum man wechseln will? Es muss ja keine Schimpftirade sein, aber eine ehrliche Antwort ist um Welten besser als eine einstudierte. Trotzdem gilt das Schlechtmachen eines ehemaligen Arbeitgebers als ein No-Go bzw. als Karrierekiller. Es hinterlässt angeblich negative Gefühle bei den Interviewpartner*innen. Ok, dann halt keine Karriere. 

Es ist ein Unterschied, ob im Bewerbungsgespräch nur abgelästert wird, oder ob die ganze Geschichte nüchtern und reflektiert rübergebracht wird. Vielleicht noch mit einem Schuß von “das habe ich daraus gelernt” und fertig ist die Geschichte. Tut beiden Seiten gut und wirkt ungekünstelt. Es kommt klar raus, was sich der oder die Bewerber*in für den nächsten Job wünscht, also eine Win-win-Situation. 

Außerdem schlägt hier mein Gerechtigkeitssinn zu. Wenn es wirklich nicht gut war, sagen. Wurden Menschen nicht gefördert oder schlecht behandelt? Mobbing? Bossing? Schlechte Arbeitsbedingungen? Darüber sprechen, nicht nur im Vorstellungsgespräch, vor allem mit den Betriebsräten (sollte es welche geben) und auf Arbeitgeber-Bewertungsportalen. Letzteres ist natürlich Segen und Fluch gleichzeitig, schon klar. Bei größeren Firmen kann es in einer Abteilung ganz anders sein als in der anderen, manchmal passt es einfach menschlich nicht und dann wird auch viel lieber online ausgeteilt, als während der Arbeit darüber gesprochen. Oft erst nach der Kündigung. Mein Kodex ist folgender: habe ich alles, was (für mich) nicht gepasst hat während meiner Anstellung kommuniziert? Habe ich klar gemacht, warum ich das Unternehmen verlassen will? Wenn Unternehmen nicht wissen, wieso Mitarbeiter*innen gehen, können sie auch nichts ändern. Es wäre schade, wenn Unternehmen erst im Nachhinein erfahren, warum Mitarbeiter*innen gegangen sind. Wie immer ist das ganze vielschichtig, aber wenn vieles im Unternehmen falsch läuft, ist es wichtig, das nach außen zu tragen. Wenn fremde Menschen oder sagen wir: wichtige, externe Menschen, Dinge ansprechen, wird stärker darauf reagiert, als wenn das gleiche von den Mitarbeiter*innen kommt. Klingt komisch, ist aber so (darüber sollte ich auch mal einen Artikel schreiben). 

Wenn dein Arbeitserlebnis nicht gut war, dann rede bitte beim nächsten Vorstellungstermin darüber. Danke. #gemeinsamgegenschlechtearbeitgeber  

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