Oha. Durch das ganze Gerede von “New Work” verstehen manche Führungskräfte die Welt nicht mehr. Dann fallen gerne Sätze wie dieser hier. Es scheint so, als wären die Mitarbeiter*innen zu sensibel, zu deppat für alles. Wer Utopien denkt oder sogar einfach lebt, erhält Gegenwind: Unkreative wollen, dass wir gefälligst für die Wirtschaft 41 Stunden arbeiten und uns nicht „aufpudeln“ sollen. Damals waren die Menschen auch nicht solche Lulus an den Fließbändern. Nö, die haben sich so einiges gefallen lassen müssen, weil sie keine andere Wahl hatten. Es gehört halt endlich wieder g’scheit g’hackelt. So, wo waren wir? Achja: Sollen sich Menschen in Führungsjobs jetzt wirklich intensiv mit den Bedürfnissen ihrer Mitarbeiter*innen beschäftigen? 

Ja. Zeit wird’s.

Den Satz „Soll ich jetzt allen das Händchen halten?“ hat übrigens ein Geschäftsführer in einem Bewerbungsgespräch zu mir gesagt, als wir uns über die neue Arbeitswelt unterhielten. Ich habe gleich gewusst: hier möchte ich nicht bleiben. Gleichzeitig wollte er natürlich den Mitarbeiter*innen die “hard facts” (Schreibtisch, Laptop, Diensthandy…) ermöglichen, aber mehr bitte auch nicht. Über das Privatleben will er übrigens auch nicht mit den Mitarbeiter*innen reden. Das hat natürlich keinen Einfluss auf die eigene Arbeit, nö (Achtung: Ironie). Ich hätte ihm eine Serienempfehlung (Severance) geben sollen, aufstehen und gehen sollen, weil: Zeitverschwendung. Tja. Es kam dann noch besser, als er meinte: „Unter mir arbeiten nur Frauen. Männer könnten mir ja meinen Platz streitig machen.” Der arme Mann. Ich hätte ihm gerne das Händchen gehalten. Er scheint viele Ängste zu haben…

Dieser Geschäftsführer ist kein Einzelfall. Es ist relativ leicht, sich über Dinge lustig zu machen, weil man(n) Angst vor Veränderung hat oder einfach, weil man(n) ein Arschloch ist. #sorrynotsorry. New Work! Haha. Positive Leadership. Peinlich. New Pay. Hä? Weniger arbeiten? Aber! Die! Wirtschaft! So wie ich es mache und immer schon gemacht habe, ist es gut – alles Neue lehne ich ab. 

Ich weiß, ich weiß. Vollkommen überzogen. Es ist auch schwierig, Unternehmen in Transformationsprozessen zu begleiten, weil es hier um jede*n einzelne*n geht. Trotzdem darf sich die New-Work-Bubble nicht blenden lassen: viele Führungskräfte oder Geschäftsführer*innen wollen lieber nicht so viel ändern. Oder noch schlimmer: gehen damit raus, total flexibel und new-work-ready zu sein, doch im Inneren bleibt alles beim Alten. Ok, vielleicht steht ein Obstkorb am Tisch und einmal pro Woche dürfen Mitarbeitende von Zuhause arbeiten, aber sonst: Business as usual. Das ist schade für alle Beteiligten. Ebenfalls schade ist, dass Anwesenheit und „beschäftigt sein“ mit Leistung gleichgesetzt wird. Ist das wirklich eine Arbeitswelt, die wir uns wünschen oder ist es vielleicht einfach nur wahnsinnig unproduktiv?

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