Ok. Hört mir zu: Menschen, die viel und hart gearbeitet haben, um zu Erfolg zu kommen, verbreiten diesen Satz gerne. Für sie stimmt ja auch alles daran, denn sie “haben es geschafft”. Doch eine Variable darf man hier nicht vergessen: Glück. 

Ja, richtig gehört: Glück. Das ist nicht kontrollierbar, aber für Erfolg nötig. Ebenso spielen die Familienverhältnisse eine Rolle. Gab es immer schon Geld in der Familie? Super, dann ist Scheitern auch nicht so schlimm, denn es geht schon irgendwie weiter. Wurde Selbständigkeit vorgelebt? Cool, dann wirst du das wahrscheinlich so weiterführen und dich wohl mehr trauen als Menschen aus Familien, in denen das nicht so üblich war. 

Klar gibt es Ausnahmen, die es “wirklich” geschafft haben. Die sich aus armen Verhältnissen ganz nach oben gearbeitet haben. Das ist als Vorbildwirkung natürlich essentiell, es ist aber auch wichtig anzuerkennen, dass das nicht für alle gilt. Denn, wenn es wirklich an jedem einzelnen läge, hätten wir ständig lauter “Erfolgsgeschichten” zu verbreiten. Alle schaffen es, sich aus Niedriglohn-Arbeit zu befreien, um ihre Talente zu leben, den Purpose zu finden… wir haben uns alle lieb, bla bla bla. So ist es aber eben nicht. 

Oft sind es Niedriglohn-Verdiener*innen, die den Laden am Laufen halten, die durch harte Arbeit am Limit sind und sich auch noch dafür schämen müssen, weil sie es eben nicht aus eigener Kraft geschafft haben. 

Eines kann dieser Mythos nämlich gut: die Schuld und Scham einfach an die “faule”, “nicht hart-arbeitende” Bevölkerung abzugeben. 

Ein Problem ist auch der Respekt vor wirklich körperlich anstrengenden Arbeiten, denn – sind wir uns ehrlich – wir haben alle doch schon mal folgende Aussagen gehört:

  • “Wenn’s nix wird, geh ich halt vorübergehend kellnern.”
  • “Wer nix kann, geht putzen.”
  • “Ein Pflegeberuf? Das könnt ich nicht. Na, danke.”
  • “Die Kindergartentante hat gesagt, …”

Das sind alle Jobs, die gesellschaftspolitisch einen Nutzen haben, die für das Gemeinwohl in einer Gesellschaft sorgen. Einer der wichtigsten Jobs? Das Reinigungspersonal in jedem Krankenhaus. Hier ist der Kosten-Nutzen-Faktor (und der Frauenanteil) sehr hoch. Werden sie für diese wichtige Tätigkeit entsprechend entlohnt? Nein, und das macht mich wütend. 


Fakt ist: Harte Arbeit lohnt sich für wenige. 

Das heißt aber auch nicht, dass der ganze 08/15 Rest zu deppat dafür ist, sondern dass das alles – wie so vieles im Leben – vielschichtiger ist. In meiner utopischen Vorstellung einer gemeinwohlorientierten Welt wäre das anders. Bis es soweit ist: hinschauen, aufzeigen, wütend sein, einfordern, Armut bekämpfen und Menschen in Machtpositionen hinterfragen.

Nur wer viel Geld verdient, hat noch lange keinen gesellschaftlichen Nutzen, da lohnt sich die harte Arbeit umso weniger. 

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